Seit 2011 betreut unsere NABU-Gruppe einen mobilen Krötenzaun am Kreisel bei Oberseelbach. An dieser Stelle kommen im Frühjahr mit steigenden Temperaturen Erdkröten und andere Amphibien aus dem nahegelegenen Wald, um in ihre angestammten Laichgewässer jenseits der Landstraße nach Idstein zu gelangen. Der Krötenzaun bewahrt sie auf dem Weg dahin vor dem nahezu sicheren Verkehrstod auf der viel befahrenen Landstraße zwischen Niedernhausen und Idstein.
Krötensammlung in jedem Frühjahr:
Wer Lust hat, unseren NABU-Freiwilligen beim Krötensammeln zu helfen, ist dazu herzlichst eingeladen und melde sich bitte per E-Mail unter:
info{at}nabu-niedernhausen.de.
In Deutschland ist die Erdkröte flächendeckend vorhanden. In ganz Mittel- und Nordeuropa, sogar bis über den nördlichen Polarkreis, sowie in Nordwestafrika ist sie anzutreffen. Die große Zahl an Erdkröten resultiert vornehmlich aus ihrer Anspruchslosigkeit. Ob kalkhaltiges Gewässer im Gebirge oder saures Moorgewässer, die Erdkröte legt ihre gallertartigen Laichschnüre überall hinein. Mehr Informationen hat unser NABU-Mitglied Wolfgang Jost zusammengestellt.
Noch mehr Fakten über den „Lurch des Jahres 2012“ hat der NABU-Bundesverband auf seiner Webseite zusammengetragen. Dort finden Sie auch weitere Informationen zur Aktion Krötenwanderung des NABU.
Fotos: NABU / A.Hornig
Sobald die nächtlichen Temperaturen die 5 °C Marke überschreiten, beginnen im März/April die Amphibien zu wandern. Am Oberseelbacher Kreisel, an dem die NABU-Gruppe Niedernhausen seit vielen Jahren den Krötenzaun betreibt, sind dies hauptsächlich Erdkröten, wissenschaftlich auch Bufo bufo genannt.
Die Erdkröte ist deutschlandweit die weitverbreitetste Amphibienart und kommt hier beinahe flächendeckend vor. Erdkröten erkennt man an Ihrer bräunlichen Färbung, unzähligen Warzen auf der Oberseite und den kupfer- bis goldfarbigen Augen mit einer längsovalen Pupille. Die deutlich größeren Weibchen können bis zu 12 cm lang werden, während die kleineren Männchen maximal 9 cm lang werden. Diese haben dafür deutlich muskulösere Vorderbeine, mit denen sie sich bei der Wanderung zu den Laichgewässern an das Weibchen klammern und sich den meisten Weg dorthin tragen zu lassen. Auch sind sie in der Lage Rufe abzugeben. Die Weibchen hingegen sind stumm.
Das Krötenjahr beginnt im Winter. Hier wird man keine Kröten zu Gesicht bekommen, denn die wechselwarmen Tiere passen ihre Körpertemperatur an die Umgebungstemperatur an und verbringen die kalte Jahreszeit in Winterstarre in ihrem Winterquartier, z.B. einem selbstgegrabenen Erdloch oder unter einem Laubhaufen in Wäldern, Gehölzinseln oder Hecken. Sobald die Nächte wärmer und kürzer werden, ist der richtige Zeitpunkt für die mehrere hundert Meter lange Frühjahrswanderung zu ihrem Geburtsort, den Laichgewässern, gekommen. Dort angekommen, beginnen die Tiere mit der Eiablage. Die schwarzen Eier sind in charakteristischen Schnüren angeordnet, die von den Kröten an im Wasser liegenden Ästen oder Wasserpflanzen befestigt werden. Nach spätestens 14 Tagen verlassen die Weibchen das Gewässer in Richtung Sommerquartier. Die meisten Männchen wandern ab, wenn sich kein Weibchen mehr am Laichplatz aufhält. Nach bereits ein bis zwei Wochen schlüpfen die ersten Kaulquappen, die sich Mitte Mai bis Ende Juli zu höchstens 1,3 cm kleinen Erdkröten entwickeln haben. Sie verlassen alle gemeinsam ihr Geburtsgewässer. Dies tun sich in solch großen Mengen, dass man auch von „Krötenregen“ spricht. Die Jungtiere folgen ihren Eltern in die Sommerquartiere, ihrem „eigentlichen“ Lebensraum, der durchaus 3.000 m entfernt liegen kann. Auch dieser ist überwiegend Gehölzreich. Die dämmerungs- und nachtaktiven Tiere ernähren sich auf ihrer nächtlichen Jagd von Spinnen, Asseln, Regenwürmern sowie Nacktschnecken. Ab September werden die Kröten erneut vom Wandertrieb erfasst und sie machen sich auf den Weg zu Ihrem Winterquartier. Das Krötenjahr beginnt von vorne.
Kröten können im Freiland bis zu 15 Jahre alt werden. Sie sind in ihrem Leben jedoch unzähligen Gefahren ausgesetzt, so dass nur ein Bruchteil der Tiere dieses Alter erreicht. Die größte Gefährdung für Erdkrötenpopulationen geht vor allem von menschlichen Aktivitäten aus. Intensive landwirtschaftliche und forstwirtschaftliche Nutzung, Beeinträchtigungen und Zerstörung der Laichgewässer sowie das Straßennetz führen zu hohen Verlusten. Untersuchungen haben ergeben, dass auf einer vielbefahrenen Straße mit minütlich einem Auto, 90 % der Tiere die Überquerung nicht schaffen. Leider tragen dazu auch einige Verhaltensweisen der Kröten bei. Da Straßen für die Kröten übersichtliche und hindernisarme Wanderwege sind, werden sie durch die Tiere gerne genutzt. Sie betrachten sie als Aussichtspunkte, um paarungsbereite Weibchen zu finden. Bei herannahenden Fahrzeugen verharren sie, geblendet vom Scheinwerferlicht, in einer Schreckstellung.
Was können Autofahrer tun, um die Tiere zu schützen? Slalomfahren um die Kröten herum bringt recht wenig. Bereits bei einer Geschwindigkeit von 50 km/h haben die Tiere kaum eine Überlebenschance, da sie auch sterben, wenn sie nicht unter die Räder kommen. Die Druckdifferenz, die von einem Auto verursacht wird, lässt die Organe der Tiere platzen. Die Kröten sehen äußerlich intakt aus. Nur an der herausgestreckten Zunge erkennt man den Tod der Tiere. Bei einer Geschwindigkeit von 30 km/h ist die Überlebenswahrscheinlichkeit wesentlich höher!
Vielerorts werden die Wanderungen durch einen Krötenzaun geschützt, der von freiwilligen Helfern täglich kontrolliert werden. Die Tiere werden gezählt, das Geschlecht bestimmt und in Eimern über die Straße getragen. Von dort treten sie den restlichen Weg zum Laichgewässer an. So erfreulicherweise auch wieder in diesem Jahr am Oberseelbacher Kreisel. Hier hatte man das Stellen des Zauns für zwei Jahre ausgesetzt, da sich die Anzahl der Tiere leider jedes Jahr verringert hatte. Da der überwiegende Teil der Population an nur wenigen Tagen wandert, hatten Freiwillige die letzten zwei Jahre trotzdem ein Sammeln ohne Zaun versucht. Dies stellte sich jedoch als schwierig heraus. Kröten sind durch ihre bräunliche Färbung perfekt an die Umwelt angepasst und schwer zu entdecken. Alexandra Hornig, Schriftführerin der NABU-Gruppe Niedernhausen, freut sich über das Reaktivieren des Zauns. „Wir erwarten in diesem Jahr etwa 100 Tiere. Für die tägliche Kontrolle des Zauns, bei dem die Coronaregeln eingehalten werden, haben sich bereits 15 ehrenamtliche Helfer bereit erklärt. Vielen Dank dafür!“.